Kirchengemeinde Weigenheim
Pfarrkirche Weigenheim
„Wigenheim im Gollachgau“ wird 822 n. Chr. in einer Gütertauschurkunde zwischen dem Würzburger Bischof Ulcherus und einem Grafen Wicbaldus erstmals genannt. Letzterer erhielt aus dem Besitz des Bistums den Ort, und „auch eine Kirche mit ihrer Vorhalle und einem Hof“.
Die Grafen von Hohenlohe wurden zwischen 1303 und 1347 von den jeweiligen Königen und Kaisern mit Weigenheim, einem Teil der „Reichsgüter unter den Bergen“ belehnt. 1319 ist ein „Pfarrer in Wigenheim“ bezeugt. Von den Hohenlohe kam Weigenheim mit seiner Kirche 1406 wieder in den Besitz des Hochstifts Würzburg und 1435 an Erkinger, Herrn zu Schwarzenberg und von Seinsheim.
Reformation
Die Enkel Erkingers, Johann I. (der Starke) von Schwarzenberg, war ein Anhänger Martin Luthers. Unter seiner Landes- und Patronatsherrschaft wurden die Weigenheimer schon um 1525 evangelisch. Von baulichen Veränderungen und Erweiterungen der alten Kirche lesen wir in der Pfarrbeschreibung: „A.D. 1567 In diesem Jahr ist der Turm angefangen worden anderwärts und höher zu bauen“.
Gegenreformation
1588 erlosch die evangelische Linie des Hauses Schwarzenberg . Unter den nachfolgenden katholischen Erben setzte mit der Vertreibung des evangelischen Pfarrers und des Lehrers eine bis 1664 andauernde Gegenreformation ein. Sie endete mit der Annahme eines Revers, mit dem der damalige Landesherr, Graf Adolf von Schwarzenberg, der Gemeinde „das Exercitium der Augsburgischen Confession aus Gnaden bewilligte und zuließ“. Die Gemeinde kam diesem Gnadenerweis entgegen mit dem Verzicht auf die Pfarrpfründe zugunsten der katholischen Pfarrei Hüttenheim und mit der Anerkennung des Simultaneums für die Kirche.
Kirchenneubau
1827 war die alte Kirche „baufällig und zu keiner Reparatur mehr fähig“. Die Gemeinde beschloss einen Neubau südlich davon „auf den Gottesacker“. Unter dem Schwarzenberger Baumeister Brockhardt entstand, dem Zeitgeist folgend, eine große, klassizistische Saalkirche. Zu den Baukosten von 17300 Gulden schenkte die Patronatsherrschaft 4000 Gulden und erlaubte, die Steine im Steinbruch am Hohenlandsberg zu brechen. Auch die Judenschaft (neun Familien) schloss sich von den unentgeltlichen Hand- und Spanndiensten nicht aus.
Die Kirche ist nach Westen ausgerichtet. Über dem hohen Rundbogenportal findet sich im Holzgerahmten Dreiecksgiebel des quadratischen Ostturms das Steinrelief des Auge Gottes, darüber die rundbogigen Schallfenster unter dem ausladenden Holztraufgesims des niedrigen Zeltdaches mit Knauf und Kreuz. Durch das Untergeschoss des Turmes gelangt man in das Kirchenschiff, einem zweiachsigen Saalraum mit kassettierter Flachdecke. Erhellt wird der hohe Raum von je zwei dreiteiligen Fenstergruppen auf den Längsseiten. Die westlich abschließende Apsis war ursprünglich nur eine Apsidialwand.
Mit Emporgeschoss und frei davor stehendem Kanzelaltar. Im unteren Teil der Apsiswand erinnern halbrunde Fenster zu beiden Seiten an die zwei Sakristeien der Simultankirche. Die auf drei Seiten umlaufende Empore mit gefelderten Brüstung und der Orgel gegenüber der Kanzel ruht auf Sandsteinsäulen toskanischer Ordnung. Die neue Kirche wurde am Martinstag 1832 ohne die Mitwirkung eines katholischen Geistlichen eingeweiht. Der Kirchenheilige Martin fand dabei laut dem ausführlichen Bericht über die Weihehandlung als Schutzpatron keine Erwähnung.
Die alte Wehrkirche
Die alte Kirche wurde 1833 eingelegt. Pfarrer Frisch beschriebt sie:
„Wann die alte Kirche hinter dem Schulhaus liegend gebaut wurde ist unbekannt. Sie muss aber sehr alt sein, ihre gotische Bauart zeigt es. Sie mag wahrscheinlich auch in den alten Zeiten zum Schutz gegen feindliche Übergriffe gedient haben. Zur Kirche führte ein einziger Zugang und zwar unter dem fünf Stockwerke hohen alten Schulgebäude, welcher durch ein großes Flügeltor geschlossen werden konnte...
Nicht nur war sie mit einem tiefen Graben umgeben, der gegenwärtig noch sichtbar ist, sie war auch mit einer hohen Mauer umbaut. Die Mauer ist zum Teil noch vorhanden und an ihr liegen noch jetzt einige sog. Kirchkeller herum.“
Schwesternkirche in North Carolina.
1833 bestand die Kirchengemeinde aus 91 Familien mit 479 Seelen. In den folgenden Jahrzehnten wanderten über 60 Personen nach Amerika aus, wie auch 1883 die Familien des Peter und Valentin Sämann und der Witwe Kilian. Diese gründeten 1898 zusammen mit anderen Deutschen in Ridgeway, North Carolina die Evang. Luth. St. Paul´s Kirchengemeinde, der heute noch zahlreiche Nachkommen der Weigenheimer Auswanderer angehören.
Erneuerungen vor dem 2. Weltkrieg
1924 wurde für 450.000 Mark die Turmuhr repariert und 1925 die Gemeinde in das Dekanat Uffenheim eingegliedert. Es folgten 1939 neue Kirchenfenster und im Kriegsjahr 1940 unter bereitwilligen Opfern die Anschaffung einer neuen Orgel, weil „das Gequietsche beschämend und fast nicht mehr auszuhalten“ war. 1941 wurde das Kirchendach ausgebessert, 1942 mussten die zwei kleinen Glocken abgeliefert werden und noch im Dezember gelang es, die Kirche elektrisch zu beleuchten.
Zerstörung und Wiederaufbau
In seinem Kriegstagebuch schreibt Pfarrer Oskar Hahn 1945:
„Am 10.04. 1945 ist Weigenheim nach stundenlanger Beschießung durch die Amerikaner erobert worden.“ Dabei waren zahlreiche Brände entstanden. Auch die Kirche brannte völlig aus. Zwei deutsche Soldaten, die im Turm einen Beobachtungsposten bezogen hatten, kamen ums Leben.
Der Wiederaufbau der Kirche in leicht veränderter Form begann mit der Währungsumstellung. Am 11.Juni 1950 erfolgte die Einweihung. Zwei neue Glocken und eine neue Orgel wurden gekauft. Die Opferbereitschaft der Gemeinde „fer unner Kerch“ war groß und der Pfarrer schreibt: „Wir hatten immer soviel Geld, dass wir die Rechnungen bezahlen konnten.“
Die Außenrenovierung erfolgte unter Pfarrer Gerhard Geyer sowie eine Innenrenovierung unter Pfarrer Günter Reins. 2002 ersetzte die Gemeinde unter Pfarrer Ernst Schülke die störanfällige, pneumatische Orgel durch eine neue, zweimanualige, mechanische Schleifladenorgel der Firma Friedrich aus Oberasbach für 240.000 DM. Das Patronat der ehemaligen katholischen Herrschaft Schwarzenberg ist seit der Aufhebung der Privatpatronate 1969 erloschen.
Recherche und Text: Fritz Sämann, Geschichts- und Brauchtumsstammtisch 2011